Marianne Piontek (BÜFE - Kulturausschuss) sieht die Kulturhauptstadt als Impulsgeberin für viele anstehende Themen in der Region und hofft, dass sich die Menschen auch darauf einlassen und damit das Jahr 2024 selbst mitprägen.
Die Kulturhauptstadt Europas ist ein Titel, der jährlich auf Grundlage eines Wettbewerbs von der EU vergeben wird. Im Unterschied zu vielen anderen Kulturhauptstädten findet sie 2024 (neben Tartu in Estland und Bodø in Norwegen) in einer ländlichen Region, dem Salzkammergut, statt. Bad Ischl fungiert als sogenannte Bannerstadt, bildet aber mit 22 weiteren Gemeinden, darunter auch Ebensee, die Kulturhauptstadt-Region.
Mit einem Gesamtbudget von € 25 Millionen ist der Unterschied zu vergangenen österreichischen Kulturhauptstädten wie Linz09 mit € 68,7 Millionen und Graz im Jahr 2003 mit € 58 Millionen signifikant. Ein großer Diskussionspunkt und vielleicht auch ein verbreitetes Missverständnis sind die sogenannten Infrastruktur-Projekte. Denn nur Programm, Marketing & Kommunikation sowie Verwaltung und Organisation werden aus dem Gesamtbudget finanziert, nicht aber Infrastruktur-Projekte. Lediglich eine Co-Finanzierung solcher Projekte hätte möglicherweise aus EU-Fördertöpfen lukriert werden und mit dem Hinweis auf die bevorstehende Kulturhauptstadt bessere Chancen haben können.
Inhaltlich bedeutet Kulturhauptstadt Europas nicht, nur bestehende Kulturaktivitäten der Region zu präsentieren. Die Vergabekriterien fordern sowohl eine deutliche Einbindung der BürgerInnen als auch die Verbindung mit europäischer und internationaler Kunst und Kultur. Der Reichtum und die Vielfalt der Kulturen in Europa sollen hervorgehoben und das Zugehörigkeitsgefühl zu einem gemeinsamen Kulturraum gestärkt werden. Die Kritik, zu wenig Regionalität oder zu wenig regionale Akteure in das Programm eingebunden zu haben, relativiert sich in diesem Zusammenhang.
Die Kulturhauptstadt Salzkammergut 2024 will Impulse für die Regionalentwicklung setzen sowie Nachhaltigkeit und Vernetzung der Region fördern. Ein Hauptaugenmerk liegt dabei beispielsweise auch auf den Themen Leerstand und Mobilität. Impulse in diesem Bereich würden zweifelsfrei der Region und insbesondere auch Ebensee guttun. Vielleicht ist es die Chance dieses Projekts, entstandene Probleme wie diese, aber auch den Umgang mit Erinnerungskultur, Landflucht, Ökologie, Tourismus im Einklang mit der Natur und vieles mehr aufzuzeigen, gemeinsam zu diskutieren und vielleicht sogar Lösungsansätze zu finden? Kultur polarisiert, Kultur konfrontiert, Kultur lebt vom Austausch. Es bleibt spannend, in welchem Ausmaß all diese Ziele erreicht werden.
Aktuell ist mehr von Streitkultur und Kulturkampf zu hören und zu lesen als von Inhalten. Das schadet vermutlich mehr, als es hilft. Wenn Kritiker:innen mit kleinen Kindern verglichen werden, deren Wünsche nicht alle erfüllt werden können, trägt das auch nicht unbedingt zur positiven Stimmung bei. Was bleibt und finanziell vielleicht davon zurückkommt, wird man sehen. Aber Kultur in Geld aufzurechnen, ist möglicherweise nicht der richtige Ansatz.
Das Programm in Ebensee:
www.salzkammergut-2024.at/spielstaette/ebensee
Marianne Piontek
Ersatzmitglied Kulturausschuss